Eröffnung: 27. Januar, 18–21 Uhr
Wir freuen uns, Sie auf unsere Ausstellung mit Fotografien und einer Videoarbeit von Rineke Dijkstra in der Goethestraße 2/3 aufmerksam zu machen.
Für die Serie Emma, Lucy, Cécile (Three Sisters, 2008–2014) hat Rineke Dijkstra drei Schwestern aus Amsterdam sieben Jahre lang mit jeweils einem Bild pro Jahr fotografiert. Der Hintergrund für diesen Zeitraum war das Alter der Schwestern, welches beinahe genau sieben Jahre auseinander liegt. 2008, als Dijkstra die ersten Fotos machte, war Emma achtzehn, Lucy war zehn und Cécile vier Jahre alt. Die Serie von einundzwanzig Porträts, die jetzt bei Galerie Max Hetzler zu sehen ist, ermöglicht faszinierende Eindrücke. Emma, Lucy, Cécile umfasst jedes Alter von vier bis vierundzwanzig – lediglich siebzehn fehlt. Von besonderer Bedeutung ist, dass die Unterschiede im Alter der Schwestern jede Phase der Jugend repräsentieren: Cécile ist das Kind, verlegen und schüchtern; Lucy, die Jugendliche, die sich im Laufe des Projekts komplett wandelt und Emma, die junge Erwachsene, die beinahe schon von Beginn an vollständig entwickelt ist und sich kaum verändert. Gleichzeitig sind Emma, Lucy, und Cécile drei Töchter des selben Vaters und der selben Mutter; die Schwestern haben teilweise auffallend ähnliche Züge, manchmal unterscheiden sie sich jedoch so markant, dass es schwerfällt eine Verwandtschaft zu erkennen. Es ist vor allem diese Ambivalenz, die der Serie ihre Ausdruckskraft verleiht; der Betrachter wird kontinuierlich daran erinnert, wie alltägliche Realität und Symbolik ineinandergreifen.
Rineke Dijkstra lernte die Familie zum ersten Mal 2005 im Amsterdamer Vondelpark kennen. Hier fotografierte sie Emma und ihren Freund Ben – ein Bild welches bald eines der bekanntesten aus ihrer Park-Serie wurde. Emma ist das hübsche Mädchen im roten Kleid, welches inmitten all des Grüns, das ihren Freund fast verbirgt, nahezu leuchtet.
2008 begann Dijkstra die drei Schwestern aufzunehmen, immer zu Ostern und immer getrennt. Sie folgte dem gleichen Muster wie schon in ihren vorherigen Serien Almerisa und Olivier: Indem sie ihre Modelle in regelmäßigen Abständen fotografiert, kann man genau verfolgen, wie sie sich im Laufe der Zeit verändern. Bei den drei Schwestern liegt der Fokus weniger auf dem Individuum, als auf den zugrunde liegenden Faktoren, die jeden Menschen prägen: Herkunft und Zeit. Die Ähnlichkeit der drei Schwestern ist nicht sonderlich stark, aber es gibt durchaus feine Gemeinsamkeiten, die den Eindruck erwecken, dass die Eltern jeder Tochter die gleiche Mischung an Bausteinen auf den Weg gegeben haben, von denen die Mädchen sich auf ihre persönliche Weise bedient haben.
Durch Dijkstras Entscheidung, die drei Porträts eines Jahres nebeneinander zu präsentieren, wird die Beziehung der Schwestern untereinander noch stärker betont. Dadurch erhält die Serie eine Bedeutung, die über das rein Persönliche hinaus geht. Aus was für einer Familie stammen die Mädchen? Würde es einen Unterschied machen, wenn wir dies wüssten? Und geben uns diese Bilder einen Hinweis auf die Zukunft der Schwestern?
Das selbe Thema taucht auch in Dijkstras Videoarbeit Marianna (The Fairy Doll), 2014, auf, welche im angrenzenden Raum zu sehen ist. Der Film zeigt Marianna, eine junge russische Ballerina, die für ihre Aufnahmeprüfung an der renommierten Waganowa Ballettakademie in St. Petersburg probt. Ihr Talent ist unverkennbar, aber die ständigen Anweisungen ihrer Lehrerin (die nicht im Bild zu sehen ist) erschweren dem Mädchen die Umsetzung dessen, was von ihr erwartet wird. Ihr Gesicht verrät ein stetes Ringen zwischen Ehrgeiz, Streben und Erschöpfung. Wird sie ins System passen? Wird man sie akzeptieren? Dies ist das verbindende Thema der Ausstellung: Ganz gleich wie genau wir der Entwicklung von Mädchen wie
Marianna, Emma, Lucy, und Cécile folgen, nie werden wir ihre nächsten Schritte voraussehen können. Dijkstras Auseinandersetzung offenbart die Komplexität dieser unterschiedlichen Persönlichkeiten – Persönlichkeiten, die sich stetig weiter entfalten, ein Prozess, der vielleicht nie zum Abschluss kommt. Es ist diese ungelöste Spannung, die in den Bildern herrscht und unseren Blick fesselt.
– Hans den Hartog Jager, 2017
Galerie Max Hetzler eröffnet parallel die Ausstellung A&N&D mit Arbeiten von Navid Nuur in der Bleibtreustraße 45.
Rineke Dijkstra wurde 1959 in Sittard geboren und lebt und arbeitet in Amsterdam. Ihre Werke wurden bereits in zahlreichen Einzelausstellungen in internationalen Institutionen präsentiert, u. a. im Milwaukee Art Museum, Milwaukee (2016); Guggenheim Museum, Bilbao; Frans Hals Museum, Haarlem (beide 2014); Museum für Moderne Kunst, Frankfurt/Main (2013); SFMOMA, San Francisco; Guggenheim Museum, New York (beide 2012); Bonniers Konsthall, Stockholm (2011); Tate Liverpool, Liverpool (2010); Fundació la Caixa, Barcelona und Stedelijk Museum, Amsterdam (beide 2005). Dijkstras Arbeiten sind Teil renommierter Sammlungen wie dem Art Institute of Chicago, Chicago; Centre Pompidou, Paris; Museum Folkwang, Essen; Louisiana Museum of Modern Art, Humlebæk; MoMA, New York; LACMA, Los Angeles; Stedelijk Museum, Amsterdam und der Tate Modern, London.
Weitere Ausstellungen:
Marepe
Suave na nave
21. Januar – 4. März 2017
Eröffnung: 21. Januar, 18–20 Uhr
57, rue du Temple 75004 Paris
Navid Nuur
A&N&D
27. Januar – 4. März 2017
Eröffnung: 27. Januar, 18–21 Uhr
Bleibtreustraße 45, Berlin-Charlottenburg
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